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Tipp-Kicker des Monats Oktober 2016: Michael Kaus

Wir befinden uns im Jahre 2016 nach Chr. Ganz Germanien ist vom Kaus-Virus infiziert … Ganz Germanien? Nein! Ein von unbeugsamen Neddersassen bevölkertes Dorf namens Honovere hört nicht auf, Widerstand zu leisten.

Und so kam es, dass der Gewinner der Deutschen Einzelmeisterschaft 2016, stets fair an der Platte, von charismatischer Ausstrahlung umgeben und mit Tränen in den Augen bei seiner Rede als frischgebackener Deutscher Meister, deutschlandweit auf „nur“ 31 Stimmen (= 58,5 %) kam. Herzlichen Glückwunsch! Doch wer konnte diesem Sympathieträger Nr. 1 sensationell die Stirn bieten? Vanessa Weichelt (Pegasus ´92 Hannover), ebenso sympathisch und Ihres Zeichens Deutsche Damenmeisterin des Jahres 2016, kam auf hervorragende 19 Stimmen (35,8 %). Toll! Die restlichen 3 Kandidaten waren wie erwartet chancenlos, konnten aber auf Grund von Stimmengleichheit (zusammen 5,7 %) gemeinsam den 3. Platz belegen.

Unter allen Teilnehmern der Abstimmung wurde ein Materialgutschein für den DTKV-MITGLIEDERSHOP in Höhe von zehn Euro verlost. Der Gewinner ist Simon Hansen.

 

Interview mit Michael Kaus:

Hi Micha,
schön dich zu hören. Du schwimmst im Augenblick auf der Welle des Erfolges ganz oben. Deutscher Meister 2016, letztes Wochenende Turniersieger in Gießen und jetzt noch „Tipp-Kicker des Monats Oktober 2016“. Herzlichen Glückwunsch! Wie erklärst du dir selbst diesen Lauf? Was ist so anders an Dir?
Ja, es läuft tatsächlich ganz gut. Neben der Tatsache, dass ich den DEM-Titel „hinten raus“ doch etwas glücklich gewonnen habe, bin ich derzeit sehr zufrieden und glücklich mit meinem Leben. Nicht zuletzt durch den Gewinn des noch „fehlenden“ Titels kann ich jetzt völlig entspannt und mit einer gewissen Lockerheit auf die Metall-Männchen drücken. Natürlich habe ich zuvor auch schon den einen oder anderen Ball mal ordentlich getroffen oder auch abgewehrt, dennoch verspüre ich seit Lautern eine absolute Erleichterung und Zufriedenheit mein „Tipp-Kick-Lebenswerk“ quasi vollendet zu haben.

Was fasziniert dich an unserer Sportart so sehr, dass du seit Jahrzehnten mit Leidenschaft dabei bist?
Mir gefällt einfach der Facettenreichtum des Spiels. Es sind neben den technischen Attributen auch viele Eigenschaften gefordert, die man benötigt und weiterentwickeln kann. Ich denke, dass ich einige Erfahrungen und Erlebnisse aus dem Tipp-Kick Bereich ins sonstige Leben übernehmen und dort auch positiv für mich nutzen konnte. Nicht zuletzt auf der mentalen Ebene passiert aus meiner Sicht eine Menge in unserem Sport und ist m.E. mit den Anforderungen an einen Leistungssportler vergleichbar. Am Ende des Tages entscheidet oftmals sowohl im Spitzensport als auch im beruflichen und privaten Bereich die mentale Stärke und Einstellung über Erfolg und Misserfolg.

Außerdem fühlt es sich richtig geil an, wenn der Außenristdreher links an der Abwehr vorbei ins lange Eck rauscht und dort, vor lauter Drall, lange Zeit benötigt um zum Stillstand zu kommen und den Ergebniszähler auf der Habenseite um ein Tor erhöht. Das Geräusch eines leidenschaftlichen Bretts in den oberen Winkel des gegnerischen Tores löst bei mir ebenfalls immer noch einzigartige Emotionen hervor. In diesem Kontext kann ich auch nicht unerwähnt lassen, dass mich mein gelegentlich schwaches Farbspiel dermaßen in der Abwehr fordert, dass die Oberschenkel zu brennen beginnen und ich unter höchster Konzentration und Einsatz dem Dauerdruck meines Gegners standhalte. Das ich am Ende der Partie auch noch hier und da als Sieger hervorgehe, setzt der Sache in Sachen Emotion und Intensität die Krönung auf. Neben den beschriebenen Faktoren spielen auch der intensive Zusammenhalt und die Freundschaft zu meinen Mannschaftskollegen und vielen weiteren liebenswerten Zeitgenossen in unserer Szene eine ganz große und vielleicht sogar entscheidende Rolle. Dies ist wohl auch der Grund warum ich immer noch gerne dabei bin und keine Wege und Mühen scheue, dass immer wieder aufs Neue (mit euch) zu erleben.

Im Laufe dieser Jahrzehnte hat sich das Tipp-Kick-Spiel geändert. Regeln kamen hinzu, das Farblegen, die Spielfiguren werden zu Hightech-Figuren umgebaut. Welche revolutionären Änderungen würdest du begrüßen?
Ehrlich gesagt, hatten wir zuletzt einige und weitereichende Änderungen vorgenommen. Persönlich hatte ich lange Zeit Probleme die 3 Sekunden Regel in Verbindung mit der „festen“ Abwehr zu akzeptieren. Diese Regeländerung führte grundsätzlich zu mehr Fairness, trug aber auch zu einer Angleichung der Spielstile bei. Vor dieser Regeländerung war die Bandbreite von Spielertypen deutlich höher. Schnellere Spielaktionen, variablere Schusstechniken, flexibleres Defensivverhalten, mehr taktische Variationen waren auszumachen. Ich stand immer auf dem Standpunkt, dass wir mit einer konsequenten Umsetzung des Regelwerks (u.a. Freistöße oder Elfmeter schießen bei Handspielen) ähnliche Verhaltenänderungen bewirken hätten können. Diese wären aber deutlich konfliktbehafteter und zu Lasten der Schiedsrichter gegangen und deshalb auch in der Umsetzung wahrscheinlich nicht so erfolgreich gewesen, wie die Einführung der 3 Sekunden Regel.

Der DTKV macht sich viele Gedanken um unsere Sportart. Die Anzahl der Vereine und die der Spieler nimmt kontinuierlich ab. Du bist seit Jahrzehnten Bestandteil der Szene. Was wäre dein Konzept bzw. was empfiehlst du dem Verband, damit unsere Sportart wieder bessere Zeiten erlebt?
Hier mal eine stichwortartige Aufzählung meiner Gedanken:

  • Verhältnis Aufwand / Erlebnis (Anfahrt / Tipp-Kick Zeit) erhöhen bzw. reduzieren
  • Jugendspieler erreichen, begeistern, integrieren und in einen regelmäßigen Wettbewerb bringen
  • Die Ligenstruktur bzw. das Ligasystem an die regionale Situation der Anzahl der Vereine/Mannschaften schnellstmöglich bzw. umgehend anpassen (u.a. (Dreier-Spieltage , feste Spieltage, komplette Spieltage an Wochenenden, vorgelagerte regionale Ausspielung von Meisterschaften)
  • „Kleine“ regionale Turniere attraktiver machen (höhere Ranglistenrelevanz durch höhere Punktevergabe)
  • Ggf. Leistungskategorien einführen, um Spielern schnellere und transparentere Erfolge und Aufstiegsmöglichkeiten (Ziele) zu geben. Steigerung der Langzeitmotivation
  • Einführung weiterer Turnierstatistiken (Turniersiege, wie oft TOP 3, wie oft Endrunde….) auf artbot auch unterhalb von DEM und Sektionsturnieren. Aufnahme Tour-Finale in Hall of Fame.
  • Ausrichtung von Turnieren für Veranstalter noch attraktiver/lukrativer machen (höhere Subvention durch Verband, alternativ Durchsetzung und Akzeptanz höherer Startgelder und Gastropreise durch Spieler), es muss sich für den Veranstalter auch wirtschaftlich lohnen. Der Überschuss kann im Verein für Auswärtsfahrten, Trikots, Aktionen etc. genutzt werden.
  • Öffentlichkeitsarbeit in Kooperation mit Mieg und sozialen Medien noch weiter ausbauen

Grundsätzlich gehe ich aber davon aus, dass unsere Prognose zum Fortbestand nicht besonders rosig aussieht.

Neben der Abhängigkeit zum Spielehersteller Mieg und seiner weiteren Geschäftsaktivität sind Themen wie Spiele-Apps, -Konsolen oder auch das veränderte Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen im digitalen Zeitalter ein hohe Bürde für den Tipp-Kick Sport, dem wir vermutlich nicht dauerhaft standhalten können

Die Tipp-Kick-Szene vergreist zunehmend. Die Grauhaarigen nehmen zu. Ich erinnere an ein Interview mit Jens König als es heißt: „A: Michael Kaus ist ein weiser Mann. B: Michael Kaus ist ein greiser Mann. C: Michael Kaus hat ́ne Meise, Mann. D: Michael Kaus ist gar kein Mann. Hauptsache bei Wahl des 50/50-Jokers fällt nicht ausgerechnet A weg.“ Wie lange willst du noch spielen? Ist ein Karriere-Ende in Sicht?
Normalerweise sagt man ja, man soll aufhören wenn es am schönsten ist (siehe aktuell Rosberg). Da ich aber immer noch große Lust und Freude empfinde mit meinen Jungs auf Punktejagd zu gehen und mit euch schöne gemeinsame Momente (wie zuletzt bei der NEM und in Gießen) zu erleben, denke ich nicht über ein ernsthaftes Ende meiner Karriere nach. Jetzt macht es doch erst richtig Spaß!

Natürlich möchte der geneigte Leser auch persönliches von dir erfahren. Dinge, die nur wenige wissen. Wie alt bist du? Hast du Familie, Kinder? Was machst du beruflich? Welche anderen (sportlichen) Leidenschaften hast du?
Was wird da nur mein persönlicher Datenschutzbeauftragter zu sagen? Er muss es ja nicht mitbekommen! Ich gehöre dem Tipp-Kick Jahrgang 1970 an. Meinem Wissen nach wurden in diesem Jahr u.a. auch Oli Schell, Jens König und Sebastian Krapoth geboren. Ich bin seit 2003 glücklich verheiratet und aus der Ehe gingen zwei tolle Kinder (9 und 11) hervor. Darüber hinaus bin ich seit einer gefühlten Ewigkeit bei der Bahn im Controlling und IT-Bereich tätig. Als gebürtiger Frankfurter lebe ich seit ein paar Jahren in einem schönen Vorort von Frankfurt und würde der Beschreibung zufolge als typischer deutscher Bausparkunde eingruppiert. Neben dem Tipp-Kick fahre ich sehr gerne Fahrrad, bin Fußball und Eintracht Fan, beschäftige mich darüber hinaus viel und gerne mit Ernährungs-, Finanz- und allgemeinen bzw. alternativen Lebensthemen. Meine größte Herausforderung ist die Balance zwischen Familienleben, dem Beruf (Broterwerb) und meiner Vielzahl von Interessen und Aktivitäten herzustellen und aufrecht zu erhalten.

Tipp-Kick und Humor. Ein schwieriges Thema. An der Platte wird selten gelacht, eher geflucht und gebrüllt, Gibt es eigentlich Tipp-Kick-Witze? Wenn ja, erzähl uns einen!
Tipp-Kick Witze würde ich nicht sagen bzw. kenne ich ehrlich gesagt spontan keinen. Ist eh nicht mein Ding, bin eher ein Freund von Situationskomik.

Dazu hätte ich eine Anekdote vom diesjährigen Tour-Finale zur Hand. Im Spiel gegen André hatte ich schnell 3:0 geführt und jedes Tor bis dahin mit dem Spruch „schönes Tor“ kommentiert. Nach dem 3:0 hat er dann humorvoll und selbstironisch darauf hingewiesen, dass es sich für ihn im Augenblick nicht sooo „schön“ anfühlt. Als dann kurz darauf das 4:0 fiel, hat er dann gesagt, dass jetzt wohl die Phase 2 des Torjubels gestartet wurde, da ich mein Tor diesmal nicht als schön sondern als geil bezeichnet hatte. Danach mussten wir und der Schiri (wer war es noch mal?) eine ganze Weile über diese Situation lachen, dass mir sogar die Tränen kamen. Im weiteren Verlauf wurde die Phase 3 dann mit dem Ausspruch „Weltklasse“ eingeläutet. Eine vergleichbare Situation hatte ich bislang während eines Kicks im Wettkampf noch nicht erlebt.

Viele Sportler sind abergläubisch. Du auch?
Ein bisschen schon. Hatte mir lange überlegt, ob ich zur Deutschen die neuen blauen Vereinsturnschuhe tragen sollte. Ist ja noch mal gut gegangenJ!!!

Welche Frage würdest du dir selbst in einem Interview stellen? Und dann wie beantworten?
Kannst du eigentlich auch weniger ausschweifend erzählen bzw. schreiben? Nein!!!!!

Vielen Dank, Micha, für deine Antworten, dir eine schöne Adventszeit und weiterhin viel Tipp-Kick-Spaß!

 

Eine kleine, manchmal bitte nicht ernst zu nehmende, statistische Auswertung der Stimmen ergab:

  • Bei der Wahl zum „Tipp-Kicker des Monats Oktober 2016“ wurden genau 53 gültige Stimmen abgegeben, bei diesmal keiner ungültigen Stimme.
  • Es wählten nach Regionen: Norden (27 Stimmen), Süden (12 Stimmen), Westen (10 Stimmen) und der Osten (4 Stimmen). Der Osten ist übrigens, hier belegbar, echt Multikulti: alle 4 Stimmen fielen auf 4 verschiedene Bewerber.
  • Gleich und gleich gesellt sich gern. Die Bedeutung dieses Sprichwortes erschließt sich von alleine und der Statistik-Freund kann diese auch belegen: 5 Bundesliga-Spieler stimmten mit ab und alle wählten wohl wen? Richtig, den Bundesliga-Spieler Michael Kaus. Ein weiterer Beleg ist gewünscht? An der Wahl nahmen 6 Damen teil. Und wen wählten diese? Fast komplett die aufgestellte Kandidatin.
  • Gegensätze ziehen sich an. Auch hier erschließt sich die Bedeutung dieses Sprichwortes von alleine und der Statistik-Freund kann natürlich auch diese Weisheit irgendwie belegen: Woher bekommt der am weiten im Süden lebende Kandidat seine Stimme? Richtig, von dem einzigen Teilnehmer aus dem hohen Norden.
  • Bei der letzten Wahl wurde berichtet, dass sich ein Kandidat selbst wählte. Hier beobachten wir eine neue Tradition in seiner Entstehung, denn prompt wählte sich wiederum ein(e) Kandidat/-in selbst. Übrigens nicht der Kandidat auf Platz 3.
  • Ein Tipp-Kicker brachte es fertig, nicht zu wissen, in welcher Region sein Verein spielt. Und dabei ist die Promotionsdichte in diesem Verein verdammt hoch…
  • Natürlich ist immer interessant zu sehen, ob ein Kandidat von seinen eigenen Vereinsmitgliedern mit Stimmen unterstützt wird. Was könnte das zeigen: die Akzeptanz im eigenen Verein? Oder auch: wird die DTKV-Homepage auch wirklich von seinen eigenen Mitgliedern gelesen? Oder … oder … Hier die statistische Auswertung: Kandidat 1 bekam 1 Stimme von seinem Mannschaftskameraden. Kandidat 2 bekam 1 Stimme von seinem Papi, Kandidat 3 bekam genauso wie Kandidat 4 keine Stimmen von seinen Mannschaftskameraden, Kandidat 5 mobilisierte wirklich den ganzen Verein und Mami und Papi und und …
  • Und noch eine Wahrheit: Facebook ist schuld an allem, denn Facebook steuert die Wahl. Unmittelbar nach Einstellung der Kandidaten bei Facebook trudeln die Stimmen ein. Dann gibt es ein, zwei Zuckungen bis hin zum zweiten Aufruf, kurz vor Abstimmungsschluß und der Erinnerung doch bitte noch schnell zu wählen. Und nun trudeln wieder die Stimmen ein. Was sagt uns das: Auf der DTKV-Homepage fehlt die Option „Newsletter“!
  • Zu guter Letzt: jeder Statistiker weiß, dass man Statistiken drehen, wenden und verfälschen kann, inbesondere, wenn man nur 53 Werte hat. Aber es gibt auch unsinnige Betrachtungsweisen, hier 2 Beispiele: beide Teilnehmer, deren Vornamen auf –i bzw. –y enden, fanden ihre Endung so einzigartig, dass sie sich nicht mit Nachnamen anmeldeten. Gut, dass Tipp-Kick familiär ist und man sich kennt. Dann kann auch mit dem ausgelobten Gutschein nichts schieflaufen. Doch zum Abschluß zurück zum Tipp-Kicker des Monats Oktober: Michael hat fast genau 58 % seiner Finalspiele verloren (er erreichte genau 60 Endspiele) und mit wie viel Prozent gewann er diese Wahl?

 

 

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