Die Geschichte der Turnierranglisten

Icon-08

1Die Geschichte der Tipp-Kick-Turnierranglisten

Übersicht:

1. Turnierecho (1984-86?)

2. TOUR-ECHO (1994-1999)

3. Die artbot’schen Ranglisten (ab 2005)

Die Tipp-Kick-Vereine richten ihren internen Spielbetrieb fast immer im Wettbewerbscharakter aus. Am Ende des Trainingsabendes gibt es einen Tagessieger, am Ende des Jahres den Vereins- oder Clubmeister. Pokalwettbewerbe oder Doppelmeisterschaften lockern den Alltag der Vereinsabende auf, manche internen Wettbewerbe erhalten wohlklingende Namen wie “Mauritiuspokal”, ”Eintracht-Pokal” oder heißen lapidar ”Vereinspokal”. Und verfügt ein Verein über viele Mitglieder, wird häufig im Ligensystem mit vierteljährlichem Auf- und Abstieg gespielt.

Auch der Mannschaftsbetrieb im Deutschen Tischfußball-Verband (DTFV) ist seit 1973 geprägt von einem Ligensystem mit Auf- und Abstiegen. Die Einzelranglisten der verschiedenen Ligen werden akribisch geführt und in den Verbandszeitungen unterhalb der Mannschaftstabellen veröffentlicht. Bester Punktesammler, bester Torjäger, die beste Abwehr, das waren die Ziele eines jeden Spielers bis heute.

Überregionale und regionale Einzelturniere gibt es seit den 60er Jahren. Anfangs verdienten nur die Spieler eine Erwähnung, die die Endrunde der 12 besten Spieler erreichten. Jeder Platz wurde ausgespielt. Doch eine Turnierrangliste gab es bis 1984 nicht.

Abb. 1: Das Erreichen der Endrunde eines Turnieres und der Abdruck in der Rundschau war für viele Tipp-Kicker in den 80er-Jahren das Maß aller Dinge

1. Turnierecho (1984-86?)

Die 80er Jahre waren eine Blütezeit in der Historie der Tipp-Kick-Turniere. In jedem Jahr fanden dutzende Turniere statt (1984: 41, von denen 26 bei artbot gelistet sind) und einigen Vielreisenden in Sachen Tipp-Kick stellte sich die Frage, wer der beste Turnierspieler des Jahres ist. Mit diesem Hintergrund erschien dann 1984 halbjährlich eine reine Turnierzeitung, das “Turnierecho”, das nicht nur die kompletten Platzierungen bis zum letzten Platz eines Turnieres veröffentlichte, sondern auch eine Rangliste der besten Turnierspieler versuchte.  Doch die Hürden, einen würdigen Spieler als besten Turnierspieler des Jahres zu küren, waren zu groß. Bereits nach einem Jahr wurde das “Turnierecho” wieder eingestellt. Warum?

Dazu muss man sich in das Jahr 1984 vorstellen: Es gab für den Herausgeber kein Internet, kein Handy und keinen Computer. André Bialk (TKV Rot Gold Quickborn) – als einjähriger Turnierbetreuer des DTFV – und in der Anfangszeit Mathias Gudelius (Clubchef von TKV Rot Gold Quickborn) waren getrieben von grenzenlosem Optimismus. André Bialk bereiste in diesem Jahr 1984 16 Turniere und nahm, wenn es ging, einen Riesenstapel an Spielprotokollen mit in sein Studentenzimmer nach Hamburg. Dort erstellte er händisch die Rangliste eines jeden Turnieres. Für die Druckvorlagen  benutzte eine alte schwarze Schreibmaschine (!) und verwandelte sich dabei für Stunden von einem Tipp-Kicker zum Tipp-Ex’er. Für jeden Turnierspieler erstellte er zudem eine Karteikarte mit dessen Turnierergebnissen. Ende 1984 bilanzierte er 943 verschiedene Spieler, die an 41 Turnieren teilnahmen. Fehlende Vornamen, schlecht lesbare Protokolle führten ihn abends in eine nahegelegene Telefonzelle und er versuchte auf diese Mängel durch viele Telefonate auszugleichen. Nahm er nicht an Turnieren teil, bat und bettelte er um das Zusenden der Spielprotokolle, die ihn oft nach Wochen erreichten.

Ein weiteres Problem war die Bewertung der vielen Turniere, um möglichst fair, den besten Turnierspieler zu ermitteln. André Bialk schrieb viele Spitzenspieler per Post an, die meisten antworteten und brachten ihre Ideen ein. Doch leider gab es überhaupt keinen Konsens, so dass er verschiedene Ranglisten und Tabellen nach seinen Vorstellungen entwarf. Er schlug dann ein “Bestenturnier” (heute wird es “Tourfinale” genannt) mit 20 Teilnehmern vor, die am Ende des Jahres den besten Turnierspieler des Jahres küren sollten. Es gab bereits eine Teilnehmer- und eine Nachrückerliste. Doch die damals fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten ließen auch diese Vorstellung platzen. Nach einem Jahr und zwei Studiensemestern mit wenig Studium und vielen Tipp-Kick-Ranglisten war André Bialk so ausgebrannt, dass er das Projekt “Turnierecho” nach einem Jahr einstellen musste.

Doch das “Turnierecho” fand in der Turnierszene Anklang. So war es nicht verwunderlich, dass sich mit Mathias Gudelius und Hacky Jüttner (beide TKV Rot Gold Quickborn) – der Macher und der Turnierreisende – zwei Idealisten das “Turnierecho” weiterführten und für 1985 ebenfalls 2 Halbjahreshefte herausgaben.

Abb. 2: Links Mathias Gudelius (1990) und rechts die Bestellankündigung des Turnierechos für 1986. Wieviele Ausgaben 1986 und in der Folgezeit erschienen, ist unbekannt.

Hier einige Auszüge aus beiden Turnierecho-Ausgaben von 1984:

Turnierecho 1984 (A. Bialk u. Mathias Gudelius)

Die Digitalisate der beiden Turnierecho-Ausgaben von 1984 sind hier einsehbar (in Arbeit).

2. TOUR-ECHO (1994-1999)

Im Januar 1994 erschien die erste Ausgabe des TOUR-ECHOS mit einer Auflage von 120 Exemplaren. Nach zwölf weiteren Ausgaben wurde dieses reine Statistikwerk im August 1999 wieder eingestellt. Alleiniger Herausgeber war Michael Picha, der in dieser Zeit auch das Amt als Bundesturnierspielleiter inne hatte.

Das Tour-ECHO war ähnlich aufgebaut wie das 10 Jahre zuvor erschiene Turnierecho. Einer Kolumne des Herausgebers folgten die Ranglisten der einzelnen Turniere und zum Schluß die „Deutsche Computer-Rangliste des DTFV“, die Michael Kaus (Gallus Frankfurt) entworfen hatte. Den Abschluß bildeten Turnierankündigungen, der sog. „TOUR-Kalender“.

Die Errechnung der Deutschen Rangliste war deutlich ausgefeilter als die seines Vorgängers. Drei Kriterien spielten eine Rolle: Die Turnierstärke (abhängig von den Platzierungen der Teilnehmer), die Kategorie des Turniers (A bis E, Deutsche Einzelmeisterschaft bis sonstige Turniere der TOUR) und die Teilnehmerzahl. Mittels einer Formel wurde dann Ranglistenpunktzahl eines Turnierteilnehmers errechnet. Erster und letzter Ranglistenerste war übrigens ein gewisser Norman Koch (Concordia Lübeck).

Michael Picha beklagte wie sein Vorgänger, dass ihm die Turnierergebnisse nur mit zeitlichen Verzögerungen zugeschickt wurden und dass das manuelle Errechnen der Rangliste sehr zeitintensiv sei. Ab 1995 bekam er von Michael Kaus einen Rechner zur Verfügung gestellt, der ihn entlasten sollte. Ein weiterer Helfer war Georg Lortz (damals: Adendorf), der half, die Ranglisten zu aktualisieren.

Um die stagnierenden Teilnehmerzahlen zu verhindern, empfahl er das Ausspielen sog. „Looser-Cups“. Diese Parallelturniere sollten positive Effekte für den Veranstalter bringen und schwächeren Spielern die Möglichkeiten geben, an einem Tag mehr Spiele spielen zu können. Schon 1995 waren diese „Looser Cups“ bundesweit etabliert.

Nach 10-jähriger Tätigkeit für den Verband gab Michael Picha den Staffelstab an Peter Meier (TKV Grönwohld) weiter.

Hier ein exemplarischer Auszug aus der 3. Ausgabe des TOUR-ECHOS von 1994:

TOUR-ECHO 1994-99 (Michael Picha)

Die Digitalisate des Tour-Echos von 1994 bis 1999 sind hier einsehbar (in Arbeit).

3. Die artbot’schen Ranglisten (ab 2005)

Aktuell werden die Tipp-Kick-Ranglisten von Artur Merke erstellt. Online sind diese hier einsehbar.

Abb. 3: Artur Merke bei der Erfassung von Turnierdaten

Artur Merke berichtet zur Entstehung der artbot’schen Ranglisten:

Für die erste Version hatte ich ca. Ende 2004 angefangen, die Rangliste aus den Turnierergebnissen zu berechnen. Damals hatte es teilweise mehrere Wochen gedauert bis eine neue Rangliste herauskam, und so lange wollte ich nicht warten. Als Grundlage diente mir die Rangliste des Sportvereines TVW Eving (2003 bis 2006), für die ich damals ein Programm geschrieben hatte. Ab 2005 fütterte ich dann die Ranglistenseite immer mehr Ergebnissen. Die groben Meilensteine waren:

Die Rangliste ging am 08.09.2005 online. Die Art der Berechnung der DTKV-Rangliste ist noch heute gültig. Für die erste Rangliste wurden die Turnierergebnisse des Vorjahres, die im PDF-Format vorlagen, extrahiert und einbezogen. Durch Zusendung der Turnierendergebnisse von 1999 bis 2006 durch Michael Kaus konnte die Rangliste für die Jahre 1999 bis 2005 rückwärtig errechnet werden. Eine wichtige Hilfestellung war eine Recherche in den alten Rundschauen. So wurden bis heute (Stand: September 2023) 1114 Turniere erfasst.

Ab 2006 wurden persönlichen Spielerseiten erstellt, die die aktuellen Ergebnisse sowie vergangene Erfolge festhielten.

Als nächster Meilenstein erfolgte ab 2008 das Festhalten der Endrunden- bzw. Playoffergebnisse.  Sieger- und Spielerbilder wurden den einzelnen Turnieren bzw. Spielerseiten hinzugefügt. Eine Hall of Fame als eine Art ewige Rangliste wurde geschaffen, in die jeder Sieger eines Sektionsturnieres oder der DEM automatisch aufgenommen wird. Eine  Vereins- sowie U18-Ranglisten ergänzten die Turnierseiten.

Abb. 4: Die Top-Five der Turnierrangliste vom 11.09.2023

Durch Zuarbeit der Turnierausrichter Andreas Hofert, Christian Lorenzen, Peter Deckert und vielen anderen konnten komplette Turnierauswertungen hinzugefügt werden. Die statistischen Auswertungen insbesondere der Sektions- und Deutschen Meisterschaften wurden ausgeweitet. So kann man nachlesen, dass  Michael Kaus (Gallus Frankfurt) sage und schreibe mehr als 100 Endrunden erreichte. Finalstatistiken führen nun auch die Spieler auf, die  die es bisher (teilweise sehr knapp) nicht in die Hall of Fame geschafft haben.

Die Erfassung der Ranglistenersten von 1999 bis heute (siehe hier) führt als Besten der Besten einen gewissen Jens König (Hannover), der im Zeitraum vom 09.11.2013 bis zum 13.09.2014 das bisherige Maximum an 2027,4 Ranglistenpunkte erreichte.

Die Loslösung vom DTKV im Jahr 2019 führte dazu, dass ab diesem Zeitraum eine  Turnierabgabe für jedes eingepflegte Turnier zu bezahlen ist (Ausnahme: Sektionsturniere und die DEM).

In jüngerer Zeit wurde die Grand Slam Wertung (GSW) geschaffen, die rückwirkend bis 1982 errechnet wurde. Für den Gewinn einer Sektionsmeisterschaft bzw. Deutschen Einzelmeisterschaft gibt es 12 Punkte bis hin zu 1 Punkt bei der Belegung eines 12. Platzes. Bis 1990 waren maximal 48 Punkte möglich, die übrigens niemals erreicht wurden. 1983 schaffte es immerhin Andreas Hennings (Medos Hannover) mit 3 Endrundenteilnahmen 36 Punkte zu erzielen, 1988 hätte Oliver Hahne (Preußen Waltrop) bei der DEM mit seinen bis dato 36 Punkten die 48 schaffen können (aber der Stuttgarter Werner Glück hatte da wohl etwas dagegen 😄). Seit der Einführung der ODEM 1991 liegt die maximale Punktanzahl bei 60 Punkten, die ebenfalls noch niemand erreicht hat, auch wenn einige verdächtig nahe an diese absolute Bestmarke gekommen sind. Hervorzuheben sind hier die 48 Punkte vom ewigen (?) Hall of Fame-Ersten Normann Koch (Concordia Lübeck), welcher 1994 mit 4 Turnierteilnahmen das Maximum von 48 Punkten erreichte. Der Lübecker Dirk Kallies ist Rekordhalter mit 49 Punkten, die er in einem Kalenderjahr in 5 Turnieren erzielte. Olli Schell schaffte sensationelle 56 Punkte, allerdings jahrgangsübergreifend.

Die Rangliste beinhaltet grob die Ergebnisse des letzten Kalenderjahres. Da die Sektionsturniere und Deutschen Einzelmeisterschaften nicht immer zu ähnlichen Jahreszeiten stattfinden und diese aber die Rangliste stark beinflussen, wird auch immer das jeweilige letzte Sektionsturnier etwas länger in der Rangliste belassen (aber ohne Doppelungen).

Seit 2022 sind ganze Turniere mit allen Ergebnissen sichtbar (für Turniere im Schweizer System war das schon länger der Fall). So sind z.B. alle Deutschen Einzelmeisterschaften seit 2003 komplett ausgewertet.  Sollte übrigens noch jemand im Besitz alter Gruppenbögen von Sektionsturnieren oder Deutschen Einzelmeisterschaften sein, bitte ich um Zusendung, damit diese erfasst werden können.

Insgesamt ergeben alle generierten HTML-Dateien eine Größe von über 100 MB (bei ca. 2100 Dateien mit ca. 160.000 Querverweisen). Diese werden aus ca. 200.000 Zeilen an Daten erzeugt. Die einzelnen Programmkomponenten umfassen mittlerweile ca. 20.000 Zeilen (anfangs waren es ca. 4 000 Zeilen). Geschrieben ist das ganze in einer objektorientierten Programmiersprache namens Ruby.

Die artbot’sche Seite war von von Anfang an keine reine Ranglistenseite, sondern eine Datenbank mit sehr vielen Turnieren und deren Ergebnissen, so dass man mittlerweile endlos darin stöbern kann.

Neben der reinen Tunierseite gibt es parallel auch eine aktuelle Bundesliga-Seite (hier). Die älteren Daten hatten Christian Lorenzen, Peter Deckert und Georg Schwartz in Form von excel-Dateien zur Verfügung gestellt. Damit ist eine sehr breite Datenbasis an Spielergebnissen vorhanden.

Abb. 5: Beispiel statistische Auswertung “Bundesliga”, hier die Tabelle der Saison 1985/86

Evtl. wäre eine Art ELO Rangliste (ähnlich wie im Schach) oder nach Leistungsklassen (wie im Tennis) denkbar. Insgesamt könnte man die Turnier- auch mit den Punktspielergebnissen verknüpfen, um den Turnierbetrieb mit den Ligaergebnissen etwas enger zu verzahnen. Dieses Projekt müsste über Webschnittstellen geschehen, bei denen z.B. die Sektionsleiter die jeweiligen Ergebnisse eintragen. Aber das ist Zukunftsmusik.

Loading