Damals! In einer alten Rundschau von 1995 geblättert …
Damals, wir schreiben das Jahr 1995, das waren alles ganz andere Zeiten. Kein Handy, kein E-Mail und kein Googeln. Wenn man zum wichtigsten Turnier aller Turniere des Jahres wollte, setzte man sich in das Auto, den Zug, den Bus oder man nahm sie in die Hände, die Füsse, und wanderte per pedes zur DEM. Der Jakobsweg der Tipp-Kick-Verrückten kannte keine festen Wege und Grenzen, also begann am 10. September 1995 in Aitrach (Landkreis Ravensburg) “The Walk” für Uli Weishaupt, Albrecht Keller und Bernhard Schupp. Hier ihr damaliger Bericht:
The Walk
„We don’t need no Opel Corsa…“
(Aitrach – Hirschlanden 10.9.-15.9.95)
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PART I: Der Aufbruch
Der Aufbruch nach Hirschlanden ist ein Aufbruch in eine neue Zeit, das Zeitalter der uferlosen Promotion für Tipp-Kick und Plattfüße. Selbst in Führungskreisen des DTKV hielt man diese Mission nicht für möglich. Doch ein paar Unbeugsame aus dem wilden Süden trotzten allen Zweifeln und Wetterberichten: Am 10. September anno 1995 um 18.30 Uhr (MESZ) machten sie sich von Aitrach aus auf den Weg. Mit dabei war natürlich die eigens für die Expedition entwickelte und als Prototyp in Hepbach hergestellte High-Tech-Touren-Tipp-Kick-Platte (Typ: „The Walk – Alpha“).
PART II: Die Mission
Geplante Stationen der Mission waren u.a. Ochsenhausen, Laupheim, Blaubeuren und Bad Urach. Durch diese Tat sollten die Unwissenden der oberschwäbischen Prärie und der schwäbischen Alb tipp-kickisiert werden.
Die drei Kreuzkicker:
Bernhard, der Geschuppte
Albrecht von der Kellerstiege
Ulerich mit dem weisen Haupte
PART III: Das Licht ins Dunkel
Gut befußt wanderten die drei wackeren Recken hinaus in die fortan beginnende Wildnis. Alsbald wich der Tag den Mächten der Finsternis. Inmitten düstren Waldes überraschte sie ein fauchendes Ungetüm mit leuchtenden Augen und gebleckten Zähnen1). Darauf ritt ein Eingeborener, der sie vom rechten Weg abbringen wollte. Ihnen gelang die Flucht und „Hotz sei Dank“ erreichten sie unbeschadet ihr Ziel: Rot an der Rot.
Hier fanden sie das wahre Licht in zu vielfacher Menge, denn sie wollten sich zur Ruhe begeben. Um dem Verrat der Eingeborenen zu entgehen, mußten sie die Blendung mit Stoffen mindern.
PART IV: Der Kreuzweg
Der Tag des Mondes sollte unendliche Entbehrungen bringen. Tief gekrümmt unter den schweren Lasten gerieten sie auf Irrwege. Erst die weise Fee der Prinzebene2) öffnete ihnen die Augen. In Ochsenhausen verkündeten sie zum ersten Male die frohe Botschaft. Doch keiner der Heiden ließ sich bekehren. Zwar waren manche Ungläubige neugierig, zogen aber schnell von dannen, aus Angst vor der neuen Lehre. Enttäuscht nahmen die Drei ihren Weg dem Bächlein Rottum entlang weiter gen Norden.
Durch viele Siedlungen hindurch zogen sie eiligst hindurch, ohne Hoffnung, hier auf offene Ohren zu stoßen. Jedoch in Mietingen wurden sie von Zweien nach ihrem Ansinnen befragt. Nun zeigte der Tipp-Kick-Zauber Wirkung und die beiden jungen Menschen waren bald in seinem Banne. Sie stürzten sich auf den Altar der Begierde und gaben sich dem Spiel der unendlichen Wahrheit hin.
Am Abend konnten sich die drei Kreuzkicker nach langem und beschwerlichem Weg zufrieden niederlegen. Glücklicherweise fanden sie unterwegs stärkende Früchte des Feldes.
PART V: Blauer Engel mit Stern
Des Nachts schickte der böse Gott Saboteo seine Heerscharen von fliegenden Blutsaugern, um die Kreuzkicker mit ohrenbetäubendem Summen und spitzen Lanzen zu geißeln. Die Abenteurer wehrten sich bei Leibeskräften und viele Feinde mußten ihr Leben lassen. Doch die Übermacht der Angreifer war zu groß: Die Kicker verloren viel Blut.
Im früheren Tipp-Kick-Stützpunkt Laupheim wurden sie mit seltsamen Blicken angesehen, als sie sich am städtischen Brunnen erquickten und die Mission fortsetzten. Doch o weh, Ulerich wurde mit einem Flucht belegt und konnte sein linkes Bein nur noch begrenzt zur Fortbewegung einsetzen. Dies erschwerte die Tipp-Kickisierung. Hinzu kam die sengende Sonne im nun öden Land. Am stillen Wasser rasteten sie und verzehrten ihre Pilze. Bernhard der Geschuppte hatte sie beschafft, was den Zorn des Achilles auf ihn zog. So wurde seine Ferse steif.
In dieser bitteren Stunde zeigte sich Rettung durch einen Engel in blauem Gewand3). Es war aus Metall und mit einem silbernem Stern geschmückt. Der Engel führte die Kreuzkicker ins Blaue Tal und zeigte ihnen den Blauen Topf4). Er wies ihnen den Weg zur Hütte im eisigen Tal. Damit es sie dort nicht fröre, gab er den Dreien etwas mit: 2 Karaffen randvoll mit würzigem Trauben-Flip5). Bei Dunkelheit und Wetterleuchten erreichten sie die Bleibe für die Nacht – kurz bevor der große Regen kam.
PART VI: Die Lähmung setzt sich fort
Regen am Morgen des Tages der Mitte der Woche verschaffte den edlen Kickern eine verlängerte Schlafenszeit. Für Bernhard und Ulerich wurde der folgende Marsch zur Qual, denn die Gebeine marterten sie mit uferloser Härte. So kamen sie nicht weit, ehe sich von neuem Wasser über sie ergoß. Nachdem sie des Nachmittags zum Müßiggang gezwungen wurden, brachte sie am Abend ein sehr Ungläubiger zu einem verlassenen Haus, das einst von Federvieh bewohnt war. Albrecht von der Kellerstiege richtete es sogleich häuslich ein.
PART VII: Großen Schritts voran
Am Tag des Donners kam die Moral zurück, denn ein altes Kräuterweiblein würdigte die Missionsarbeit mit 4 Talern und wünschte den Reisenden viel Glück. Zwar war der Abstieg von den großen Bergen6) mühsam, doch die drei Kreuzkicker nahmen ihn mit Eifer. Zügig eilten sie des Wegs, und auch die Versehrten nahmen alle Kräfte beisammen. Nebsther wurden einige Ungläubige bekehrt, und auch die Monsterreiter, deren Hilfe sie aus Zeitnot per Daumen erbaten, waren neugierig. In den Anhöhen vor Stuttgart wurde ein letztes Mal Rast gemacht. Die Fürstin von Reichenbach7) lauschte den Erzählungen der Prediger, einer ihrer Boten wurde sogar tipp-kickisiert.
PART VIII: Die Frohe Botschaft
Am nächsten Tag waren die drei Kreuzkicker in der fürstlichen Residenz zum Morgenmahl geladen. Die Missionierung des Hofhundes kostete sie einige Mühe. Gesättigt und mit Kleidern beschenkt erklommen sie das Feuerroß gen Stuttgart. Hier fiel die Überzeugung der Ungläubigen schwer, denn die grünen Männchen der Stadt verwiesen sie ins Abseits8). Nach einigen Teilerfolgen ritten sie voran ins gelobte Land. Hier in Hirschlanden verkündeten sie die frohe Botschaft.
Uli Weishaupt
Albrecht Keller
Bernhard Schupp
Anmerkungen:
1) Ein Traktor, der vom Mähen kam
2) Eine ältere Frau, die uns den Weg zeigte
3) Ein Mann im blauen Mercedes nahm uns mit
4) „Blautopf“: Sehenswürdigkeit in Blaubeuren
5) Wein
6) Schwäbische Alb
7) eine Passantin, die mit ihrem Hund spazierenging
8) der Park am Stuttgarter Schloß
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Nachtrag der damaligen RUNDSCHAU-Redakteure Holger Dittrich und Stefan Kirn:
Aber eine Deutsche Einzelmeisterschaft hat auch andere Sieger. Jeder, der seine sich selbst gesteckten Ziele erreichte, ist für sich ganz allein ein Sieger. Leider ist es meistens so, daß solche Sieger selbst dem aufmerksamen Auge eines Rundschau-Redakteurs verborgen bleiben, Drei Sieger standen bereits fest, bevor die ersten Bälle dieser Titelkämpfe rollten: Albrecht Keller, Bernhard Schupp und Uli Weishaupt hatten vor Monaten angekündigt, daß sie zur DEM nach Hirschlanden gehen würden . Von den meisten mit einem müden Lächeln versehen, setzten sie ihr Vorhaben in die Tat um und wanderten in fünf Tagen von Aitrach nach Hirschlanden … Für mich sind sie die eigentlichen Sieger dieser DEM!
Nachtrag der heutigen Redaktion:
Tolle Geschichte! Übrigens: Bei dieser 30. Deutschen Einzelmeisterschaft, zu der sich 172 Teilnehmer einfanden, belegten Uli Weishaupt (Aitrach) Platz 26, Bernhard Schupp (Hepbach) Platz 89 und Albrecht Keller (Hepbach) Platz 137.