50 Jahre Tipp-Kick. Eine Leidenschaft, die nie vergeht …
Peter Funke. Eine Laudatio an einen Tipp-Kicker, dessen Liebe zu unserem Sport seit 50 Jahren währt!
Abb. 1: Peter Funke 2017 in Davos
Am 21.06.1975 fand die Süddeutsche Einzelmeisterschaft in Stuttgart statt. Die örtliche Presse berichtete und der 13-jährige (!) in Kornwestheim lebende Peter Funke zögerte nicht lange und meldete sich für das Turnier an. Damals wurden die Vorrunden in Vierergruppen mit Hin- und Rückrunde gespielt. Peter Funke erlebte ein sportliches Waterloo, fünfmal verlor er deutlich. Im sechsten Spiel jedoch bezwang er seinen Gegner Costa Zahariades mit 7:6. Dieser ärgerte sich maßlos. Doch das Feuer in Peter war entfacht. Die Spielstile der anderen Mitspieler sehen zu können, muss ihn sehr beeindruckt haben.
Abb. 2-5: Bilder und Artikel von der SEM 1975. Peter Funke ist auf dem Gruppenfoto der junge Mann im blauem Hemd, schräg links hinter der blonden Dame im gelben T-Shirt (zum Vergrößern der Bilder bitte den Vergrößerungspfeil im unteren Bildbereich anklicken).
Es währte keine 2 Monate und Peter meldete sich bei der „Sport- und Spielgemeinschaft von 1972 Stuttgart“ (kurz: „SSG Stuttgart“) als Vereinsmitglied an. Seine Mannschaftskameraden Dietmar Häfner und Werner Glück waren etwa 15 Jahre älter, aber bereits erfahrene Spieler, die ihm viel vermitteln konnten. Sein sportlicher Mentor wurde jedoch Beno Garstka, der nur wenige Jahre älter war. Als später mit seinem Klassenkameraden Arno Schnelle ein weiterer Spieler zu der SSG stieß, konnte er seinerseits sein Wissen weitergeben.
Peter trainierte in seiner Jugend wie besessen. Stundenlang wurde bei den Mannschaftskameraden zuhause oder im Jugendhaus trainiert. Seine Stärken waren in den ersten Jahren sein Sturm und seine Fähigkeit, exzellent zu kontern. Das taktische Vermögen und seine Abwehr waren noch damals sehr verbesserungswürdig. So gewann er in einer Endrunde mal 12:6 gegen Wolfgang Graf, einem Großen seiner Zeit. Dieser meinte nur: „Das wird ihm nie wieder gelingen!“ Und im nächsten Spiel gewann Graf 3:2 gegen ihn dank einer stark veränderten Taktik. Aber Peter lernte schnell dazu.
Nach wenigen Jahren setzte sich sein Talent durch und sein Trainingseifer zeigte immer mehr Früchte. Er gewann Anfang 1978 vereinsintern die erste Cup-Meisterschaft und setzte sich dabei gegen stärkste Konkurrenz durch. Auf der SEM 1978 in Würzburg zog er fast ins Finale ein, verlor aber das entscheidende Spiel. Und Ende 1978 hieß es wiederum intern: „Ein Start-Ziel-Sieg für Peter Funke. Seinen Angstgegner Werner Glück fegte er mit 10:3 von der Platte.“ Im gleichen Jahr wurde er deutscher Vizemeister mit der Mannschaft. In alten Quellen des Verbandsarchives (Vereinszeitung „Prisma“ der SSG Stuttgart von 1979 und Verbandszeitung „Süddeutsches Tipp-Kick-Magazin“ von 1978) liest man in den Berichten zu den Bundesliga-Punktspielen:
„ … Der kaum erwartete Sieg P. Funkes gegen A. Haufe wendete das Blatt …“, „… die guten Geister hießen diesmal P. Funke und Garstka …“, „… Ergebnisse, die nie und nimmer zueinander passen, schafft immer wieder P. Funke. Einesteils verliert er in Katastrophenmanier 0:6, versäumt es jedoch nicht, dem nachfolgenden Gegner ein kräftiges Ding reinzujubeln …“ usw.
Seine andere Leidenschaft „Fahrrad“ verband er seit frühesten Zeiten mit dem Tipp-Kick-Sport. So radelte er mit dem Fahrrad zu einem Turnier von Stuttgart an den Bodensee. Und dann gab es ein Wochenende, an dem zwei Turniere stattfanden. Unglücklicherweise vergaß er beim ersten Turnier seine Spieler, also setzte er sich flugs auf Rad und radelte erneut zum Turnierort, um seine Spieler zu holen. So konnte er dann auch sonntags beim anderen Turnier mitspielen. Keine Strecke war ihm als Radler zu weit oder zu schwer. So radelte er 2017 von München nach Davos (1.560 m über NN), um an einem Schweizer Turnier teilzunehmen. Und in jüngster Zeit radelte er nach Laon in Frankreich, wo sich ein neuer Verein (TKC Axonais) gegründet hatte und er tatkräftig Unterstützung leistete.
Abb. 6: Peter Funke als Radler
Die Fairness, die Peter von früher Jugend begleitete, wurde für ihn gelegentlich auch zum Bumerang. So trafen in einem süddeutschen Turnier in Karlsbad in den 80er-Jahren in einer Vierergruppe die damaligen Spitzenspieler Werner Glück, Michael Steinfeld, Peter Funke und der gehandicapte Spieler Grischa Eichfuß aufeinander. Der letztere spielte in einem Rollstuhl. Man sprach sich ab, gegen den letztgenannten Spieler auf Konter zu verzichten. Es kam wie kommen musste: drei Spieler hatten am Ende 4:2 Punkte und auf Grund des schlechteren Torverhältnisses schied jedoch Peter aus. Und das als Konterspieler und Mitfavorit des Turnieres. Großartig war auch sein Vorschlag bei einem Endspiel der DEM auf einen Schiedsrichter zu verzichten, als Signal an die Tipp-Kick-Gemeinschaft. Doch sein Gegner im Endspiel lehnte diesen Vorschlag leider ab.
Peter spielt nun seit über 50 Jahren Tipp-Kick. In den 80er Jahren heimste er die meisten Erfolge ein: er war vierfacher Deutscher Mannschaftsmeister mit drei Vereinen, einmal Pokalsieger und mehrfach Sieger von Sektionsturnieren. Der Gewinn der Deutschen Einzelmeisterschaft 1984 in Schöppenstedt war sicherlich sein größter Einzelerfolg. Sportlich ist er immer noch in der Lage selbst in der Bundesliga zu punkten und ein großer Erfolg war ihm beschieden, als er am 4. März 2023 bei der Norddeutschen Einzelmeisterschaft den 4. Rang erkämpfte. Zwischen der ersten Endrundenteilnahme bei einem Sektionsturnier im Jahre 1977 und diesem Erfolg liegen mehr als 45 Jahre, was ihm Platz 2 im „Club der alten Haudegen“ einbrachte.
Kein Weg zu einem Turnier war Peter zu weit. Und immer wieder mal war er der Spieler mit der weitesten Anreise.
Abb. 7: Peter Funke reiste nicht nur weit, sondern gewann auch Turniere. Hier 1979 in Hamburg das Frühjahrsturnier (Quelle: Vereinszeitung Kickers Hamburg).
Peters Gastfreundschaft war legendär. Tipp-Kicker konnten in seiner Berliner Zeit bei ihm in Kreuzberg übernachten und er zeigte ihnen zudem als Fremdenführer Westberlin. So erinnert sich noch heute so mancher Sinziger sehr positiv an ein tolles Wochenende im Jahre 1983, an dem man viel erlebte, aber sportlich in drei Spielen auch die absoluten Grenzen aufgezeigt bekam.
Peter spielte nicht nur, sondern brachte sich über Jahre im Verband ein. Als langjähriger Vorsitzender des DTKVs versuchte er schwierige Entscheidungen, mit Kommunikation und viel Diplomatie zu fällen. Sperren vermied er durch eindringliche Appelle an die entsprechenden Spieler. Er spendete jahrelang uneigennützig monatlich einen kleinen Betrag in die Verbandskasse und auf seine jährliche Aufwandspauschale verzichtete er stets. Für den Tipp-Kick-Sport leistete er auch nach seinem Rücktritt weiterhin sehr viel. So unterstützte er tatkräftig die Ausrichtung der DEM 2024 in Schwenningen.
Abb. 8: Peter Funke als Mitorganisator der DEM 2024
Peter Funke ist ein Vorbild für uns alle, an und neben der Platte. Menschen wie ihn braucht der Tipp-Kick-Sport. Es sei aber auch nicht vergessen, dass es auch andere Tipp-Kicker gibt, die unseren Sport seit Jahrzehnten hochhalten. Ihnen allen ein großes Dankeschön!
Ein Dankeschön auch an Werner Glück, der so manches Detail zu diesem Artikel beisteuern konnte. Andreas Sigle besorgte die Bilder von der SEM 1975, die er einem Fotoalbum von Beno Garstka entnahm, und ergänzte mit seinem Wissen ebenso den Artikel. Danke auch diesen beiden Stuttgartern!
Fotonachweis: Abb. 1 u. 8 André Bialk, Abb. 2 bis 5 Beno Garstka, Abb. 6 Peter Funke